Atembeobachtung
Atembeobachtung ist eine wunderbare Praxis, die Selbstliebe zu stärken.

Dein Atem repräsentiert dich auf allen Ebenen. Er reagiert auf das, was du denkst, tust oder fühlst. Ein Mensch, der im Zustand innerer Gelassenheit durchs Leben geht, atmet anders als jemand, der sich ständig über alles ärgert.
Wir können uns von unserem Atem nicht trennen – auch, wenn unser Verstand uns das oft glauben lässt. Unser physisches Leben beginnt mit dem ersten Atemzug. Erst danach entwickelt sich unser Denken. Und diese Entwicklung wird maßgeblich beeinflusst von unserem Atemmuster.
Wenn wir aber über den Atem als etwas nachdenken, das wir bestimmen, trainieren oder auch „richtig“ machen sollten, dann erleben wir uns als getrennt davon.
Dann steht unser Denken im Vordergrund und tut so, als wäre es der Chef.
Wir halten dann unseren Atem oft für weniger wichtig – oder zumindest für weniger spannend.
Und diese Vorstellung, so absurd sie ist, ist in vielen Menschen tief verwurzelt.
Wir wachsen auf mit dem Satz „Ich denke, also bin ich.“
Aber ohne Atem hört das Denken sehr schnell auf.
Was wäre also, wenn wir den Satz umformulieren würden zu „Ich atme, also bin ich“?
Tatsächlich stellt sich ein Gefühl großer Lebendigkeit ein, wenn man beginnt, den eigenen Atem bewusst wahrzunehmen.
Das Denken hetzt uns oft von einem äußeren Ereignis zum nächsten. Unser Atem führt uns nach innen. Das scheint uns anfangs oft langweilig, zu wenig spektakulär, nicht sexy genug. Dabei ist es alles andere als das.
Wer seinen eigenen Atem auf einer tieferen Ebene erforscht, hört damit auf, Atemübungen zu praktizieren und beginnt, diese kraftvolle Quelle der Energie für sich zu nutzen, die der Atem von Natur aus ist.
Die Praxis
Worte können zu Erkenntnissen führen, aber um etwas wirklich mit Leib und Seele zu verstehen, braucht es die Erfahrung.
Wenn du also die Atembeobachtung kennenlernen möchtest, gibt es nur einen einzigen Weg: den der Praxis.
Es ist wirklich ganz einfach.
Such dir einen Platz, an dem du dich wohl fühlst. Sorge dafür, dass du ein paar Minuten ungestört bist. Wenn du möchtest, verwende beruhigende Musik.
Du kannst im Sitzen oder im Liegen üben.
Schließ die Augen.
Entspanne deine Schultern, dein Gesicht, deinen Kieferbereich.
Lass deinen Geist ein bisschen tiefer sinken.
Nimm wahr, wie dein Atem ein- und wieder ausströmt.
Wenn Gedanken auftauchten, lass sie da sein. Komm einfach immer wieder mit der Aufmerksamkeit zu deinem Atem zurück.
Sei neugierig auf deinen Atem. Beobachte ihn.
Du kannst dir folgende Fragen stellen:
Wo im Körper nehme ich die Atembewegungen wahr? Wie fühlt sich das an?
Wie ist mein Atemrhythmus? Wie schnell oder wie langsam atme ich im Moment?
Gibt es zwischen dem Ein- und dem Ausatmen kleine natürliche Pausen? Wie fühlen sie sich an?
Welchen Klang hat mein Atem, wenn ich ihn für mich hörbar mache? Wenn ich ihm zuhöre?
Was verändert sich in meinem Atem, wenn ich ihn einfach nur beobachte? Wird er ruhiger? Tiefer? Was kann ich wahrnehmen?
Komm dann mit deiner Aufmerksamkeit langsam wieder an die Oberfläche deines Körpers, räkel dich entspannt und öffne die Augen. Lass die Erfahrung noch ein bisschen nachwirken.
Eine Momentaufnahme
Bei der Atembeobachtung zeigt sich das, was im Moment da ist. Deshalb wirst du keine zwei Sitzungen erleben, die sich vollkommen gleich anfühlen. Es gibt immer etwas Neues zu entdecken.
Wichtig ist es, dafür offen zu sein.
Wenn wir etwas Schönes erleben, wollen wir das gerne wiederholen. Aber Atembeobachtung ist kein Konzept. Es bedeutet, sich immer wieder auf das einzulassen, was im Moment da ist.
Es kann sein, dass du einmal während des Übens beinahe einen Zustand der Erleuchtung hast. Das heißt nicht, dass es immer so ist. Manchmal passiert vielleicht gar nichts. Der Atem strömt ein und wieder aus, du beobachtest es – und das ist es. Möglicherweise schläfst du dabei ein. Auch das ist in Ordnung.
Wenn du dich immer wieder hinsetzt und übst, merkst du, dass die Atemarbeit ein Prozess ist. Du lernst deinen Atem kennen. Und dadurch lernst du auch dich selbst kennen, auf sehr sanfte Weise.